Sind Meetings überflüssig oder nicht?
Jun 22, 2020Stundenlange Besprechungen und doch kaum Fortschritt!
Für viele Unternehmer sind Meetings fester Bestandteil Ihres Führungssystems und doch gibt es nur wenige, die wirklich zufrieden mit Ihrer Meetingkultur sind. Wer kennt das nicht? - Mal eben schnell einen Termin herumgeschickt und 3-5 Mitarbeiter zu einem Meeting eingeladen. Mit 10-15 Minuten Verzögerung finden sich dann auch endlich Alle am vereinbarten Termin im Meetingraum ein und stürzen sich erst einmal auf den bereitgestellten Kaffee und die Kekse. Dann ergreift der Einladende - also meistens Du als Unternehmer selbst - das Wort und hält 20-30 Minuten einen Monolog über seine neuesten Erkenntnisse und Vorstellungen.
Währenddessen checken die Kollegen rechts von dir schnell mal Ihre E-Mails, der Mitarbeiter links ergreift sein Handy und verlässt schnell den Raum! Wichtiger Anruf eines Kunden. Sind alle wieder da, beginnt die Diskussion von Neuem. Schnell stellst Du dabei fest, das von den fünf Anwesenden nur drei deinen Ausführungen wirklich gefolgt sind. Mitunter entbricht sofort eine hitzige Debatte zwischen z.B. Vertrieb und Produktmanagement in welcher jeder einfach immer und immer wieder dieselben Argumente vorbringt. Nach 120 Minuten (geplant waren 45 Minuten) beendest du die Diskussion ohne konkretes Ergebnis und vertagst das Ganze auf den nächsten Regeltermin.
Jetzt schon wissend, dass dieser wohl wieder ähnlich ablaufen wird. Ohne konkrete Ergebnisse, ohne Umsetzung. Eigentlich nur eine komplette Verschwendung von Arbeitszeit und wertvollen Ressourcen. Am Ende wirst Du eh wieder ein Machtwort sprechen und die Aufgaben, die deiner Meinung nach jetzt zu erledigen sind, zuteilen! Wozu also bindest Du deine Mitarbeiter überhaupt mit ein und verschwendest die ganze Arbeitszeit in diesen Meetings?
Und? Fühlst Du dich ertappt? Habe ich recht und deine Besprechungen laufen ähnlich wie oben beschrieben?
Als mein Unternehmen seine ersten zehn Mitarbeiter hatte waren solche morgendlichen Rituale, wie oben beschrieben, Alltag. Wir machten regelmäßige Meetings, weil das eben so sein sollte. Keiner hinterfragte das wirklich, aber auch niemand zog wirklich Nutzen aus unseren Meetings. Irgendwann war meine „Frustgrenze“ überschritten und ich beschloss, gar keine Meetings mehr durchzuführen. Inspiriert von dem Buch „RE-Work“ von Jason Fried, der Meetings als toxisch und unnötig bezeichnete, schaffet ich sie ab. In der festen Überzeugung damit mir und dem Unternehmen etwas Gutes zu tun.
Ein paar Wochen später stellte ich dann eine interessante Entwicklung fest. Die Reklamationen unserer Kunden häuften sich und das Klima der Mitarbeiter untereinander wurde rauer. Es entstand eine Kultur der gegenseitigen Schuldzuweisungen. Ohne dass dabei die Ursachen der Reklamationen konkret gelöst wurden. Nein - ganz im Gegenteil! Mehr und mehr Vorgänge landeten auf meinem Schreibtisch und mussten von mir deeskaliert werden. Anstatt also die Produktivität, durch das Abschaffen der Meetings zu steigern, hatte es nunmehr den Anschein, dass sie eher sank und noch schlimmer ich mehr und mehr Feuerwehrmann spielen musste um einen Brand nach dem anderen im Unternehmen zu löschen.
Welche Dosis ist die Richtige?
Jetzt war ich mehr als frustriert, aber auch um eine sehr große Erkenntnis reicher. Ja, Meetings sind, wenn Sie wie oben beschrieben ablaufen, sinnlose „Laberveranstaltungen“. Aber gar keine Meetings, wie Jason Fried es propagiert, sind eben auch keine Lösung. Was aber ist der Königsweg?
Ich begann mich intensiver mit dem Thema „Kommunikation“ auseinanderzusetzen und nach dem Studieren von etlichen Blogartikeln und Büchern zum Thema erlangte ich folgende Überzeugung:
„Meetings sind ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung, wenn Sie einer klaren und immer wiederkehrenden Struktur folgen!“
Der Pulsschlag
Wie bei einem menschlichen Organismus der Pulsschlag des Herzens eine Aussage darüber treffen kann, ob es der Person gut geht oder nicht, so haben auch Unternehmen einen Puls, den es zu messen und zu bewerten gilt. Und genau hierfür sind Meetings das optimale Messinstrument. Weicht der Puls von einem Zielwert ab, so kann ich dies ebenfalls im Meeting messen und mit allen Anwesenden entsprechende Maßnahmen beschließen den Pulsschlag des Unternehmens zu regulieren.
Wenn wir also unsere Haltung gegenüber Meetings von dem reinen Austausch von Informationen hin zu einem gezielten Messen und Beschließen verändern, sind Meetings ein sehr wertvolles Instrument in der Unternehmenssteuerung.
Die Elemente eines Pulsschlag-Meetings
Ist das Warum hinter einem Meeting klar, nämlich den Puls des Unternehmens zu messen und zu regulieren, so gilt es nun noch zu klären wie das Meeting jetzt zu einem produktiven Austausch, statt zu einer Laberrunde transformiert wird. Hier sind zwei Faktoren entscheidend. Die zeitliche Begrenzung und die klare Struktur. Seit meiner Kenntnis über Meetings und wie Sie am produktivsten im Unternehmen eingesetzt werden können, folgen meine Meetings immer folgenden Mustern:
Kontinuierlich und terminiert
Wir führen das Pulsschlag-Meeting einmal in der Woche durch und zwar immer am selben Tag und zur selben Uhrzeit. Fünf Minuten vor dem Meeting anwesend zu sein ist hier der Zielwert. Wer zu spät kommt oder unentschuldigt fehlt, der zahlt in unserem Fall einen Obolus von fünf Euro in ein Sparschwein, dessen Inhalt wir regelmäßig spenden.
Zeitlich begrenzt
Jedes Meeting ist auf genau 90 Minuten begrenzt und folgt einer klaren Agenda mit festen Zeitblöcken.
Klare Agenda
Jedes Meeting startet mit einem „Check-In“ in welchem die Teilnehmer kurz darüber berichten wie es Ihnen geht und was Sie Privates oder Berufliches mit dem Team teilen möchten.
Danach folgt ein „Reporting“-Block, in welchem der Pulsschlag gemessen wird. Hierfür gehen wir die Aufgaben und Beschlüsse des letzten Meetings durch und die Verantwortlichen äußern sich kurz dazu, ob die Aufgabe erledigt wurde oder nicht. Es geht hierbei nur um den Status (“erledigt” oder “offen”). Der Moderator achtet darauf dass hier keine Rechtfertigung oder Diskussion stattfindet. Ist eine Aufgabe nicht erledigt wie vorgesehen kommt Sie auf die „Engpass und Problemliste“, die im dritten Block des Meetings diskutiert wird. Nach den Aufgaben bildet das gemeinsam Durchsehen der „Scorecard“ den Abschluss des Reporting-Blocks. Weichen Kennzahlen von den Sollwerten ab, so kommen diese ebenfalls auf den dritten Teil des Meetings (Engpass und Problemliste).
Ist das Reporting erledigt, kommt die Engpass und Problemliste. Sie macht 2/3 der verfügbaren Zeit aus. Alle Probleme und Abweichungen aus den Beschlüssen des vorherigen Meetings, aber auch die Probleme des Tagesgeschäfts werden hier auf einer Liste gesammelt. Der Moderator stellt die Liste kurz vor und die Runde einigt sich auf die TOP 3 Prioritäten.
Jetzt wird mit TOP 1 der Liste begonnen und der Verantwortliche für diesen Punkt (z.B. der Abteilungsleiter) stellt die Situation aus seiner Sicht kurz vor. Jetzt haben alle anderen Teilnehmer die Gelegenheit ebenfalls Ihre Meinung dazu zu äußern. Wichtig ist hier, dass der Moderator des Meetings darauf achtet, dass jeder sein Argument nur einmal vorbringt und keine Diskussion oder Schuldzuweisungen beginnen. Haben alle Ihren Standpunkt klar gemacht, ist es die Pflicht der Runde, einen Beschluss zu fassen wie dem Problem jetzt begegnet wird bzw. wie der Engpass aus dem Weg geräumt wird. Wichtig ist hier, dass es einen Beschluss gibt! Auch wenn der vielleicht noch nicht perfekt ist. Der Beschluss wird in eine Aufgabe formuliert und erhält einen Verantwortlichen für die Umsetzung aus der Runde. Die Erledigung der Aufgabe wird im nächsten Meeting berichtet und somit ständig überwacht. Dann geht es weiter zu TOP 2 der Liste usw.
Nach 80 Minuten wird die Diskussion beendet, der Moderator fasst die Beschlüsse noch einmal zusammen und jeder bekommt die Gelegenheit ein Feedback über das Meeting und dessen Verlauf zu geben. Nach exakt 90 Minuten endet das Meeting.
Der Puls Effekt
In meinem Unternehmen hat diese strukturierte Herangehensweise damals wahre Wunder bewirkt. Jeder im Team fand unsere Besprechungen produktiver und informativ. Die Streitereien und gegenseitigen Schuldzuweisungen waren danach weitestgehend verschwunden und die Produktivität stieg enorm.
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